Zum 125. Geburtstag Erich Kästners! (1899-1974)
“Die 13 Monate“
Wir haben uns die wunderschönen und vor allem zeitlosen Gedichte aus dem Zyklus “Die 13 Monate” zum Vertonen ausgesucht.
Alle Kompositionen sind von Norbert Fietzke.
Die Aufnahmen von und mit uns, dem Duo ›con emozione‹, erarbeitet und gestaltet.
Hier erhalten Sie Hörproben davon!
1. Der Januar
Der Januar - Erich Kästner - Gedicht
Der Januar
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.Der Weihnachtsmann ging heim in seinen Wald.Doch riecht es noch nach Krapfen auf der Stiege.Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.Man steht am Fenster und wird langsam alt.
Die Amseln frieren.Und die Krähen darben.Und auch der Mensch hat seine liebe Not.Die leeren Felder sehnen sich nach Garben.Die Welt ist schwarz und weiß und ohne Farben.Und wär so gerne gelb und blau und rot.
Umringt von Kindern wie der Rattenfänger,tanzt auf dem Eise stolz der Januar.Der Bussard zieht die Kreise eng und enger.Es heißt, die Tage würden wieder länger.Man merkt es nicht. Und es ist trotzdem wahr.
Die Wolken bringen Schnee aus fremden Ländern.Und niemand hält sie auf und fordert Zoll.Silvester hörte man’s auf allen Sendern,dass sich auch unterm Himmel manches ändernund, außer uns, viel besser werden soll.
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.Und ist doch hunderttausend Jahre alt.Es träumt von Frieden. Oder träumt’s vom Kriege?Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.Und stirbt in einem Jahr. Und das ist bald.
2. Der Februar
Der Februar - Erich Kästner - Gedicht
Der Februar
Nordwind bläst. Und Südwind weht.Und es schneit. Und taut. Und schneit.Und indes die Zeit vergehtbleibt ja doch nur eins: die Zeit.
Pünktlich holt sie aus der Truhefalschen Bart und goldnen Kram.Pünktlich sperrt sie in die TruheSorgenkleid und falsche Scham.
In Brokat und seidnen Resten,eine Maske vorm Gesicht,kommt sie dann zu unsren Festen.Wir erkennen sie nur nicht.
Bei Trompeten und Gitarrendrehn wir uns im Labyrinthund sind aufgeputzte Narrenum zu scheinen, was wir sind.
Unsre Orden sind Attrappe.Bunter Schnee ist aus Papier.Unsre Nasen sind aus Pappe.Und aus welchem Stoff sind wir?
Bleich, als sähe er Gespenster,mustert uns Prinz Karneval.Aschermittwoch starrt durchs Fenster.Und die Zeit verläßt den Saal.
Pünktlich legt sie in die Truhedas Vorüber und Vorbei.Pünktlich holt sie aus der TruheSorgenkleid und Einerlei.
Nordwind bläst. Und Südwind weht.Und es schneit. Und taut. Und schneit.Und indes die Zeit vergeht,bleibt uns doch nur eins: die Zeit.
3. Der März
Der März - Erich Kästner - Gedicht
Der März
Sonne lag krank im Bett.Sitzt nun am Ofen.Liest, was gewesen ist.Liest Katastrophen.
Springflut und Havarie,Sturm und Lawinen, -gibt es denn niemals Ruhdrunten bei ihnen.
Schaut den Kalender an.Steht drauf: " Es werde!"Greift nach dem Opernglas.Blickt auf die Erde.
Schnee vom vergangenen Jahrblieb nicht der gleiche.Liegt wie ein Bettbezugklein auf der Bleiche.
Winter macht Inventur.Will sich verändern.Schrieb auf ein Angebotaus andern Ländern.
Mustert im Fortgehn nochWeiden und Erlen.Kätzchen blühn silbergrau.Schimmern wie Perlen.
In Baum und Krume regtsich's allenthalben.Radio meldet schonStörche und Schwalben.
Schneeglöckchen ahnen nun,was sie bedeuten.Wenn du die Augen schließt,hörst du sie läuten.